Montag, 4. Dezember 2017

Circusrennen

Sehr beliebt waren die Wagenrennen im Circus. Die größte Arena für diese Veranstaltungen bot der Circus Maximus. Vor Fertigstellung des Kolosseums fanden dort aber auch Gladiatorenkämpfe und Tierhetzen statt.

Die Wagenrennen hatten ursprünglich eine religiöse Bedeutung und fanden wahrscheinlich (an bestimmten den Göttern gewidmeten Feiertagen) schon unter den altrömischen Königen statt. Das Tal zwischen Aventin und Palatin wurde frühzeitig für Rennen genutzt. Die geschlossene Form der Arena entstand unter Cäsar. Immer wieder kam es zu Bränden im Circus und der Zerstörung folgten Wiederaufbauten. Anfangs waren nur die unteren Reihen aus Stein gebaut. Trajan ließ den Circus Maximus komplett aus Stein errichten. Im Jahr 103 wurde dieser Bau vollendet. Um mehr Plätze für die Zuschauer zu schaffen, ließ der Kaiser die Loge Domitians, aus der er vom Palast aus den Rennen zuschauen konnte, abreißen und wieder in die Arena integrieren. Es gab keine strenge Trennung der Sitzreihen nach Rang und Geschlecht; man konnte dort gut Bekanntschaften schließen und flirten. 250.000 Leute sollen im Circus Maximus Platz gefunden haben. Obwohl heute nur noch wenig von den Steinbauten erhalten ist, hat der Circus die Landschaft geformt und die Ausmaße des Bauwerks sind gut zu erkennen, wenn man vom Palatin aus ins Tal schaut.

Das Bauwerk war für seine Zwecke perfekt konstruiert. In der Mitte der Arena befand sich die spina, eine langgezogene Mauer, die von den Gespannen umfahren werden musste. An einer Seite der Arena lagen die mit Türen verschlossenen Startboxen, an der gegenüberliegenden Seite befand sich ein Triumphbogen, durch die der Veranstalter, gefolgt von Klienten, Wettkämpfern, Reitern, Tänzern und Musikanten, ähnlich wie ein Triumphator feierlich in den Circus einfuhr. Jene Prozession mit abschließendem Opfer erfolgte nach alter Tradition. Der Veranstalter, ein hoher Beamter (Prätor, Ädil oder Konsul) bestimmte die Startplätze der Gespanne durch Auslosen und gab schließlich auch das Signal zum Beginn des Rennens, worauf die Türen der Startboxen gleichzeitig durch einen Mechanismus geöffnet wurden. Die Rennen waren dramatisch und gefährlich, und nicht nur Schnelligkeit und Geschicklichkeit waren dabei gefragt, sondern auch Rücksichtslosigkeit. Das Behindern und Abdrängen der Konkurrenten gehörte dazu. Meist fuhren Viergespanne, Quadrigen. Dass Fahrer in Folge von Unfällen schwer verletzt wurden oder starben, war Berufsrisiko. Der siegreiche Fahrer bekam einen silbernen Palmzweig und eine Geldbelohnung. Es gab damals schon Rennfahrerkarrieren. Die erfolgreichen Wagenlenker, aber auch ihre Pferde waren Publikumslieblinge.

Die Rennställe, factiones, waren private Unternehmen, die meist von Rittern geführt wurden. Die Veranstalter der Spiele trugen die Kosten. Immer öfter mussten die Kaiser bei der Finanzierung helfen, da Privatpersonen damit überfordert waren. Man unterschied vier Farben: die dominierenden factiones Blau und Grün und sowie Rot und Weiß, wobei Rot mit Grün und Weiß mit Blau zusammenarbeitete. Plinius der Jüngere hatte kein Interesse an den Circusrennen. In einem Brief an Calvisius Rufus schreibt er über die Parteinahme der Zuschauer: "Wenn sie die Schnelligkeit der Pferde oder die Geschicklichkeit der Wagenlenker begeistern würden, dann läge noch ein Sinn darin. Jetzt aber spenden sie nur einem Stück Tuch Beifall…" (Plinius der Jüngere, Briefe, IX, 6). Mit "Tuch" meint er die Farbe der jeweiligen factio.

Von einigen Kaisern ist bekannt, welche der "Parteien" sie favorisierten: Vitellius und Caracalla waren Anhänger der "Blauen", Caligula, Nero und Domitian bevorzugten die "Grünen". Von Trajan ist keine Vorliebe für eine bestimmte factio überliefert. Aber er wird, wenn er in Rom war, während der Rennen im Circus gewesen sein. Die Bevölkerung erwartete das vom Princeps. Anlässlich solcher Veranstaltungen bekamen die Kaiser Erwartungen, Wünsche und Forderungen der Leute zu hören, aber auch Zustimmung und Beifall. Die meisten von ihnen respektierten die Stimmung im Volk und entzogen sich dieser Kommunikation nicht. Vermutlich genoss Trajan die Vorführungen. Sie waren nicht nur spannend, sondern auch prächtig durch den Glanz des neuen Bauwerkes, die Ausstattung der Wagen, Pferde und Rennfahrer in den Farben ihrer Parteien. Während die Gladiatorenkämpfe unter dem Einfluss des Christentums seltener und Anfang des fünften Jahrhunderts verboten wurden, fanden Wagenrennen in Byzanz noch im Mittelalter statt.

Literatur:

Marcus Junkelmann: Die Reiter Roms Teil I, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1990, ISBN 3-8053-1006-4

Georg Ürögdi: Reise in das Alte Rom, Prisma Verlag Leipzig, 1966

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